Sep 18 / Christa Maurer

Die Kunst des Lernens - Strategien für Lebenslangen Wissenserwerb


Ein Interview mit Christa Maurer
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In der heutigen Arbeitswelt steht eine berufliche Anforderung besonders im Fokus: Sich durch immer neue Fähigkeiten und Kompetenzen auszuzeichnen. Bereit zu sein, nicht stehen zu bleiben. Wissen zu erweitern. Doch wie lernt man (wieder) zu lernen? Und was können wir durch stetiges Lernen für uns persönlich gewinnen? Darüber haben wir uns mit Christa Maurer, Diplom- Kauffrau und Referentin für Erwachsenenbildung, unterhalten.

Was bedeutet „Lernen zu lernen“?

Lernen bedeutet, etwas Neues in dein Leben aufzunehmen. Typischerweise umfasst es die bewusste, also gewollte Aufnahme des Neuen. Vielleicht ist dir der Vorgang des Wissenserwerbs geläufig und du bist vertraut mit den Regeln, die dich dabei unterstützen. Es bereitet dir sogar Freude, dich an den Tisch zu setzen und dir Lernstoff aus Büchern und Unterlagen anzueignen. Nennen wir unsere Person für diesen Fall Anna. Du hast wie sie in früheren Lebensjahren erkannt, was dir hilft, Wissen zu sammeln, aufzubereiten und zu verinnerlichen. Es funktioniert seither für dich auf diese bekannte Weise, du bist drangeblieben, hast immer wieder aktiv Fähigkeiten und Kenntnisse erlernt. Gratulation!
Es kann auch so sein: Du hast dich in deinem (beruflichen) Umfeld etabliert, das nötige Fachwissen hast du seit der letzten Aus- oder Weiterbildung intus und damit war es viele Jahre gut. Jetzt merkst du, dass einige deiner Kolleg:innen immer öfter von Themen sprechen, die dir nicht geläufig sind. So entscheidest du dich nach langem Hin und Her für eine Fortbildung mit Modulen. Dann geht es dir wie Kilian: Lernen liegt lange zurück und dein Alltag und deine Lebenssituation lassen dir zudem aktuell keinen Raum, um dich ins Lernen zu stürzen.

Während Anna sich mit dem neuen Stoff zu Beginn effizient auseinandersetzen kann, stößt Kilian schon vor der ersten Sequenz auf Fragezeichen und Hürden. Doch nach der anfänglichen Euphorie gelangt auch Anna an ihre Grenzen und sucht wie Kilian nach Möglichkeiten, dem Lernen neben Job, Familie und Hobbys ausreichend Zeit einzuräumen. ...

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In der heutigen Arbeitswelt steht eine berufliche Anforderung besonders im Fokus: Sich durch immer neue Fähigkeiten und Kompetenzen auszuzeichnen. Bereit zu sein, nicht stehen zu bleiben. Wissen zu erweitern. Doch wie lernt man (wieder) zu lernen? Und was können wir durch stetiges Lernen für uns persönlich gewinnen? Darüber haben wir uns mit Christa Maurer, Diplom- Kauffrau und Referentin für Erwachsenenbildung, unterhalten.

Was bedeutet „Lernen zu lernen“?

Lernen bedeutet, etwas Neues in dein Leben aufzunehmen. Typischerweise umfasst es die bewusste, also gewollte Aufnahme des Neuen. Vielleicht ist dir der Vorgang des Wissenserwerbs geläufig und du bist vertraut mit den Regeln, die dich dabei unterstützen. Es bereitet dir sogar Freude, dich an den Tisch zu setzen und dir Lernstoff aus Büchern und Unterlagen anzueignen. Nennen wir unsere Person für diesen Fall Anna. Du hast wie sie in früheren Lebensjahren erkannt, was dir hilft, Wissen zu sammeln, aufzubereiten und zu verinnerlichen. Es funktioniert seither für dich auf diese bekannte Weise, du bist drangeblieben, hast immer wieder aktiv Fähigkeiten und Kenntnisse erlernt. Gratulation!
Es kann auch so sein: Du hast dich in deinem (beruflichen) Umfeld etabliert, das nötige Fachwissen hast du seit der letzten Aus- oder Weiterbildung intus und damit war es viele Jahre gut. Jetzt merkst du, dass einige deiner Kolleg:innen immer öfter von Themen sprechen, die dir nicht geläufig sind. So entscheidest du dich nach langem Hin und Her für eine Fortbildung mit Modulen. Dann geht es dir wie Kilian: Lernen liegt lange zurück und dein Alltag und deine Lebenssituation lassen dir zudem aktuell keinen Raum, um dich ins Lernen zu stürzen.

Während Anna sich mit dem neuen Stoff zu Beginn effizient auseinandersetzen kann, stößt Kilian schon vor der ersten Sequenz auf Fragezeichen und Hürden. Doch nach der anfänglichen Euphorie gelangt auch Anna an ihre Grenzen und sucht wie Kilian nach Möglichkeiten, dem Lernen neben Job, Familie und Hobbys ausreichend Zeit einzuräumen.

ERGO Lernen will gelernt sein. Ganz nach den Worten von Blogger, Autor und Aphoristiker Lukas Portmann: „Als Erwachsener lernt man Fähigkeiten, als Kind erwirbt man das Potenzial dazu.“ Das heißt, dass wir unser ganzes Leben lang am Erwerb neuer Kompetenzen feilen können. Kern der Botschaft ist: Schau dir deine Situation aufmerksam an und schaffe dir die geeigneten Rahmenbedingungen, damit dir das Lernen jetzt gelingt.

Inwiefern spielen Selbstreflexion, Motivation und Selbstregulation eine Rolle beim „Lernen zu lernen“?

Mithilfe dieser drei Faktoren kannst du als Lernende:r herausfinden, wie es um deine Lernsituation gerade bestellt ist. Gleichzeitig sind es auch genau die Stellschrauben, an denen du drehen kannst, um deinen Lernerfolg bei Bedarf zu erhöhen.

1 SELBSTREFLEXION
Die zentrale Frage für deine Analyse lautet:
Welches Ziel verfolge ich mit dem Kurs, der Fortbildung, dem Lesen des Fachbuches?

Dieses Ziel kannst du in weitere Details auflösen:
Wofür möchte ich das neue Wissen, die neue Fähigkeit erwerben?
Was steht für mich am Ende des Lernens?
Welche Türen sollen sich dank des Gelernten öffnen?
Wie weit ist das Neue vom Jetzt entfernt?



2 MOTIVATION
Stelle dir die Kernfrage:
Woher kommt der Antrieb für meine weitere Entwicklung?

Idealerweise sitzt der Antrieb in dir selbst. Dann verfügst du über den größten und stärksten Motor – die intrinsische Motivation. Du spürst klar, dass der Kompetenzerwerb für dich im Zentrum steht und deinen weiteren Weg bereichern wird. Dann ist diese innere Flamme dein Kompass in den verschiedenen Lernphasen. Diese Flamme lässt dich auch kleinere Tiefs durchstehen, auf die du dich von vornherein einstellen solltest. Idealerweise legst du dir von Beginn an zurecht, was dich aus solchen Phasen der Unlust, des Abschweifens wieder herausholt. Kilian beispielsweise hat auf seiner Liste für Instant-Motivationsstupser stehen:

– Vorrat an Lieblingsgetränk besorgen (Mangosaft)
– Den persönlichen Motivationsspruch, den er gut sichtbar aufgehängt hat, laut vorlesen: „Ich lerne für MICH. Die neue Fähigkeit lässt mich über meine jetzigen Grenzen hinauswachsen.“

Anna hingegen schwört auf ihre Freundin Leyla:
– Ein Telefonat oder persönliches Treffen mit der aufgeweckten jungen Frau bringt wieder Schwung in ihre Lernmonotonie.

TIPP FÜR DICH Finde zwei oder drei Wege, wie du dich und deine innere Lernmotivation leicht und schnell wieder auf Kurs bringst.


3 SELBSTREGULATION
Aus der Psychologie wissen wir, dass es bei Selbstregulation um die Fähigkeit geht, kurzfristige Bedürfnisse zugunsten langfristig verfolgter Ziele zurückstellen. Um das anstehende Lernpensum zu bewältigen, gilt es, das Augenmerk in deinem Lernprozess auf Konzentration, Ausdauer und Zeitmanagement zu legen. Diese Zutaten fördern deine Selbstregulation.
Mithilfe der bereits erwähnten Reflexion über dein Lernverhalten kannst du, wenn nötig, Korrekturen vornehmen, um dich wieder auf dein Lernziel zu fokussieren. Manchmal reicht eine kleine Justierung, beispielsweise die vergessenen Pausen während der Lerneinheiten wieder konsequent einzuhalten.

Welche Hürden und Herausforderungen siehst du für Erwachsene beim Lernen neuer Kompetenzen, gerade in Bezug auf die Vereinbarkeit mit beruflichen und persönlichen Verpflichtungen?

Schauen wir uns unseren typischen Alltag an, erkennen wir, wie ausgefüllt er ist. Verpflichtungen im aktuellen Job, in der Familie und in anderen Kontexten sorgen für eine Aufgaben- und Terminfülle, die viele von uns bereits vor eine hohe Auslastung stellen. Damit durch deine geplante Weiterbildungsmaßnahme der äußere Druck nicht zu noch mehr innerem Druck führt, rate ich dir, im Vorfeld bereits Aufgaben umzuschichten und zu verlagern, zumindest für die Dauer der Weiterbildung. Gehe dabei lieber von größeren Umplanungen aus, die notwendig werden, als zu knapp zu planen. In diese Umplanungen beziehst du unbedingt dein Umfeld mit ein, damit sich Familienmitglieder, Freunde und Kolleginnen frühzeitig auf die Veränderungen einstellen können.

Deine CHANGEMANAGEMENT-FÄHIGKEITEN sind jetzt gefragt. Orientiere dich dabei an diesen Leitfragen:
Mit wem bespreche ich die anstehenden Veränderungen im Alltag? Wann genau suche ich das Gespräch mit betroffenen Personen? Wie lauten meine Erwartungen an meine Familie und mein Umfeld? (Diese Fragen hältst du vorab für dich schriftlich fest, um sie dann im Gespräch klar äußern zu können.)
Wie viel zeitlichen Freiraum für das Lernen und eventuelle Hausaufgaben benötige ich pro Woche, um mich tatsächlich meinen zusätzlichen Aufgaben widmen zu können? Wo kann ich mir Unterstützung holen, wenn ich nicht mehr weiterkomme? (Freunde, Sparringspartner:innen, Lernpartner:innen) Welcher Tipp dieser Liste ist für mich momentan am wichtigsten?

Verschaffe dir, auf Papier und gut sichtbar, einen Überblick über deinen künftigen Tages- und Wochenverlauf. Mit diesem Fahrplan entstehen Freiraum fürs Lernen und gedankliche Freiheit von schlechtem Gewissen. Du setzt dich gründlich damit auseinander, alles unter einen Hut zu bringen.

Welche Strategien haben sich als besonders effektiv erwiesen, um Erwachsene dabei zu unterstützen, das Lernen zu lernen?

In der Fachwelt und meiner Erfahrung nach zählen die folgenden Strategien zu den erfolgreichsten, wenn es um Effizienz und Effektivität beim Lernen geht:
– RELEVANTE INHALTE FILTERN
– LERNPENSUM IN PAKETE AUFTEILEN (Übersichten und Mindmaps helfen)
– ZEITMANAGEMENT (Goldene Regel: Behandle Zeit wie ein kostbares Gut)
– VERKNÜPFUNG MIT VORHANDENEM WISSEN (Das Netz von Informationen im Kopf fördert das Verständnis und die Verankerung mit dem Neuen)
– VIELE SINNESKANÄLE IM LERNPROZESS ANSPRECHEN
– POSITIVE EINSTELLUNG FINDEN (Frühere Erfolge vor Augen halten und angenehme Atmosphäre schaffen)
– SCHNELLEN WISSENSTRANSFER in den Alltag integrieren und fördern
– FEHLER, PAUSEN UND WIEDERHOLUNGEN als wichtige Faktoren erkennen
– REIM- ODER GEDICHTFORM NUTZEN

Welche bewährten Methoden empfiehlst du, um die Motivation und Selbstregulation von Lernenden zu stärken?

Ausprobieren und Kombinieren sind hier die oberste Devise. Die Vielzahl von Tipps und Methoden umfasst sowohl moderne Tools als auch altbewährte Prinzipien. Es braucht für jede:n Lernende:n eine individuelle Anpassung. In meiner Beratung und Seminarbegleitung kommen vor allem bewährte Ansätze aus dem Zeit- und Projektmanagement, aus dem Umfeld des Changemanagements, aber auch aus dem Achtsamkeitstraining zum Einsatz.
Nehmen wir wieder unseren Lernenden Kilian: Um sein gelerntes Wissen regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen, hat er sich für eine Lerngruppe mit zwei Kollegen entschieden. Beiden ist er gleich zu Beginn der Fortbildung begegnet. Sie nutzen ihre gegenseitige Sympathie, um einerseits die Lernmotivation hochzuhalten und andererseits mithilfe der anderen Kursteilnehmer:innen Lücken im Stoff zu schließen. Damit erzielt er zugleich eine höhere Verbindlichkeit für seine Lerneinheiten und kontrolliert seinen Lernfortschritt. Zwischen diesen meist virtuellen Terminen greift Kilian auf seine schriftlichen Notizkärtchen, auch Flashcards genannt, zurück, die er auf seinen regelmäßigen Fahrten im ÖPNV dabeihat. Den Gesamtüberblick behält Kilian mit seinen selbst gefertigten Mindmaps für die verschiedenen Fächer und Themen seines Lernpensums.
Für Anna dagegen kommt die Effizienzsteigerung dadurch zustande, dass sie ihre Lernziele kontinuierlich mit der SMART-Formel überprüft. Die SMART-Formel ist eine Methode, um gesetzte Ziele konkret, das heißt spezifisch (S), messbar (M), attraktiv (A), realistisch (R ) und terminiert (T) zu formulieren. Ihr war beim Abflauen ihrer Motivation aufgefallen, dass sie den Faktor „R = realistisch oder Realitätsbezug“ falsch eingeschätzt hatte. Anna benötigt pro Woche mehr Rückzug an ihren bevorzugten Lernort (in der ruhigen Bücherei), wo sie weniger abgelenkt ist als in ihren eigenen vier Wänden. Um neben dem visuellen auch den auditiven Lernkanal zu nutzen, helfen ihr zu manchen Themen zusätzlich Podcasts, die sie selbst recherchiert und teilweise auch bei Dozent:innen und anderen Teilnehmenden erfragt hat.
Die Intervallmethode von Francesco Cirillo namens Pomodoro-Technik hat Anna für sich angepasst: Statt Häppchen von 25 Minuten aktivem Lernen und 5 Minuten Pause definiert sie für sich 15-Minuten-Einheiten konzentrierten Lernens und macht nur 3 Minuten Pause. In den Pausen freut sie sich auf ihr Achtsamkeitsritual, das sie langsam und bewusst durch den Raum schreiten lässt, bevor sie mit neuer Konzentration an ihren Arbeitsplatz in der Bücherei zurückkehrt. Nach insgesamt 120 Minuten ist ihre Tageseinheit dann erreicht.

Wie hat sich die Wahrnehmung von lebenslangem Lernen in den letzten Jahren verändert, und warum ist es deiner Meinung nach wichtig, dass Erwachsene kontinuierlich neue Kompetenzen erwerben?

Unsere Welt, vor allem unsere Arbeitswelt, präsentiert sich aktuell so schnelllebig wie nie zuvor. Da kommt es uns allen zugute, wenn wir gelernt haben, wie wir uns neues Wissen und neue Kompetenzen aneignen. Die Veränderungen haben teilweise unbekannte Dimensionen und verlangen uns Flexibilität und Lernbereitschaft ab.
Jede:r Lernwillige findet eine Fülle von Themen und dafür wiederum verschiedene Medien, die ihm und ihr das Weiterwachsen ermöglichen. So individuell wie heutzutage war es früher nicht denkbar und auch nicht erforderlich, sich weiterzubilden. Einerseits lässt die technologische Entwicklung neben klassischen Bildungsformaten moderne Lernplattformen und Apps entstehen. Andererseits beflügelt sie das Lernen in einem komfortablen, frei gestaltbaren Modus. Der Online Campus der PÄDIKO Akademie ist ein wunderbarer Beleg dafür, dass sich die Angebote an Erwachsenenbildung rasant ausgedehnt haben.
Wir werden immer älter und bleiben dabei dank unserer grundsätzlich hohen Leistungsfähigkeit wissbegierig. Es ist ganz klar ein gesellschaftlicher Trend: FIT ZUM LERNEN. Für diese Devise gibt es keine Altersgrenzen. Ich bin überzeugt, dass wir mit einer lernbereiten Haltung nicht nur unseren beruflichen Erfolg, sondern darüber hinaus unsere Lebensfreude lange erhalten.   —

Quellen

Titelbild: © Yaroslav Danylchenko

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Christa Maurer ist Diplom-Kauffrau mit langjähriger Berufserfahrung als Führungskraft für Marketing und Kommunikation in mittelständischen Unternehmen. Außerdem arbeitet sie als Texterin für Businessthemen. Zusätzlich ist Christa freiberuflich als Referentin in der Erwachsenenbildung tätig. Dabei liegt ihr Schwerpunkt in den Bereichen Kommunikation, Führung, Beruf und Karriere. Zu diesen Themen bietet sie auch eine Vielzahl von Seminaren für die PÄDIKO Akademie an.
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